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Dr. Traugott Hahn

Enkel des gleichnamigen Märtyrers Traugott Hahn
ev.

Grußwort zur Eröffnung der ökumenischen Märtyrer-Ausstellung


Warum eine Märtyrerausstellung?

Sehr verehrte Damen und Herren,

eine Ausstellung über christliche Märtyrer scheint bei einem oberflächlichen Blick so gar nicht in unsere Zeit zu passen. Unsere Gesellschaften sind säkular geworden. Persönliches Einstehen für die christliche Überzeugung bis zum Tod erscheint eher fremd. Ich habe den Eindruck, dass selbst Repräsentanten der christlichen Kirchen aber auch Gemeindeglieder sich oft und gern als gesellschaftliche Gruppen neben anderen verstehen. Eine besondere Erkenntnis der Wahrheit, die es – auch im Gegensatz zu anderen Religionen -zu bewahren und zu verteidigen gilt, beanspruchen sie nicht mehr. In Taufgottesdiensten erlebe ich es immer wieder, dass Gott mehr oder weniger als Dienstleister für ein gutes Leben des Täuflings angerufen wird. Dass bei der Taufe von Eltern und Paten darum gebeten wird, dass der Täufling in seinem Leben ein persönliches gutes Verhältnis zu Gott findet, ist die Ausnahme.

Der Grund dafür liegt wohl darin, dass unsere Zeit akzeptiert, was von der Wissenschaft nachgeprüft werden kann. Anderen Dingen steht sie skeptisch bis ablehnend gegenüber. Das hat etwas Atheistisches, weil es die Transzendenz ablehnt. Aber Glaube, wenn er persönlich gelebt wird, steht in der Transzendenz, ist Gott und seinen Geboten verpflichtet, wie sie sich aus der Bibel ergeben.

Christliche Märtyrer sind einzelne und manchmal auch einsame Personen, die den Glauben an Jesus Christus und seine Gebote als persönliche Verpflichtung für ihr Leben sehen und daran auch festhalten, wenn das Bekenntnis zu Nachteilen und Verfolgung bis zum Verlust des Lebens führt.

„Märtyrer“ haben derzeit keine öffentliche Lobby. Viele jüngere Menschen wissen mit diesem Wort überhaupt nichts anzufangen, weil sie von Märtyrern und ihren Schicksalen nie gehört haben. Für andere gehören Märtyrer in die längst vergangenen Zeiten der Christenverfolgung unter Nero und anderen römischen Potentaten.

Daher erscheint es sinnvoll, unseren Mitchristen in das Gedächtnis zu rufen, dass es bis heute starke antichristliche bzw. atheistische Bewegungen gibt, die Christen wegen ihres Glaubens benachteiligen, verfolgen und töten. Heute werden z.B.Christen in Nigeria getötet, in China verfolgt und in Indonesien und anderen muslimischen Gesellschaften im öffentlichen Bereich benachteiligt Das geschieht zwar in fremde Kulturen. Aber der Atheismus der französischen Revolution, die Christenverfolgung im Bolschewismus und Kommunismus wie auch die Verfolgung im Nationalsozialismus ereigneten sich auf dem Boden von Gesellschaften, die über Jahrhunderte christlich geprägt waren. Angesichts dessen kann sich auch in unseren Gesellschaften die Situation für die Ausübung christlichen Glaubens verschlechtern. Nachteile oder Verfolgung wegen des christlichen Glaubens sind derzeit in Europa nicht zu befürchten. Aber wenn sich jemand außerhalb der Kirche auf seine christlichen Glaubensüberzeugungen beruft, wird er vielfach belächelt oder es wird mit Befremden registriert.

Wir sind daher gefordert, als Christen erkennbar zu sein. Und uns auch die Frage zu stellen, was der Glaube an Jesus Christus für unser persönliches Leben bedeutet, was er uns wert ist. Sind wir bereit, daran festzuhalten, wenn der Zeitgeist oder die politische Macht gegen uns steht oder geht es uns wie Petrus, der erst sein Leben für Jesus einsetzen wollte und dann noch an demselben Abend sagte, er habe mit ihm nichts zu tun, er kenne ihn nicht einmal?

Ich sehe in dieser Ausstellung die Chance, dass die Besucher am Leben und Schicksal der dargestellten Märtyrern erkennen, dass der Glaube an Jesus Christus und sein Evangelium ein so wichtiges Fundament für das Leben sein kann, dass man daran auch unter Gefahr für Leib und Leben festhält. Das wollen wir unseren Mitchristen vermitteln. Christliches Leben endet nicht mit der Konfirmation sondern soll sich entwickeln und wachsen.

Die Märtyrer in der Sowjetunion und Deutschland, die in dieser Ausstellung vorgestellt werden, sind nur wenige aus der großen Gruppe glaubenstreuer Christen in Europa. Es ist überwiegend die Generation unserer Vorfahren, die wir teilweise nicht einmal persönlich gekannt haben. So ging es auch mir.

Mein Großvater starb in der Verfolgung der Pastoren im Baltikum durch die Bolschwiken im Jahr 1919. Aber er war in unserer Familie weiterhin präsent, weil sein Schicksal die Familie tief prägte. Meine Großmutter hat darüber ein Buch geschrieben.

Auch wir Enkel erfuhren, wie unser Großvater trotz der fanatischen Bedrohung durch die Atheisten seine Aufgabe als Seelsorger seiner Gemeinde weiter ausübte und dabei den Tod fand. Diese Erzählungen waren keine Verbitterung über einen sinnlosen Tod sondern geschahen in der Überzeugung, dass sein Ausharren dem christlichen Glauben entsprach und letztlich eine zusätzliche Verkündigung des Evangeliums zur Folge hatte.

Ich habe das als mahnendes Vorbild gesehen und selbst erlebt, dass der christliche Glaube ein Fundament ist, das mir im Leben Zuversicht und Stärke gegeben hat.

Ich hoffe, dass den Besuchern der Ausstellung mit dem Blick auf die Märtyrer des 20. Jahrhunderts die umfassende Dimension deutlich wird, die uns der christliche Glaube beschert, aber vielleicht auch abverlangen kann.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Traugott Hahn