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Paul Schneider

ev. Pastor
* 1897   † 1939

Paul Schneider

Paul Schneider lebte in einer Zeit, in der sich die Bevölkerung in Deutschland und insbesondere die Kirchen und die Gemeindeglieder entscheiden mussten:

Kreuz oder Hakenkreuz, Christentum oder Heidentum, Gehorsam gegen Gott oder Gehorsam gegen eine widergöttliche menschenverachtende Macht, Reich Gottes oder „Tausendjähriges Reich“?

Dieses wurde im Leben von Paul Schneider zu der Frage: Will ich mein Leben hier auf der Erde bewahren oder gebe ich es auf um Jesu Christi willen hin und erleide den Märtyrertod. Er hat sich für den Weg des Kreuzes entschieden und wurde Märtyrer.

Paul Schneider wurde am 29. August 1897 in Pferdsfeld einem Bauerndorf im Hunsrück, als zweiter Sohn des reformierten Pfarrers Gustav- Adolph und seiner Ehefrau Elisabeth Schneider geboren. 1910 zog die Familie nach Hochelheim mit Filiale Dornholzhausen (Hessen).

Noch in die Schulzeit von Paul Schneider als Unterprimaner in Gießen bricht der 1. Weltkrieg herein. Freiwillig meldet er sich zur Front. Sein Berufsziel war eigentlich Arzt. Aber durch das Erlebte im 1. Weltkrieg und auch auf Wunsch des Vaters beginnt er, 1918 in Gießen und später in Marburg Theologie zu studieren. Da er in große innere Konflikte mit der dort gelehrten liberalen Theologie kommt, wechselt er ins konservativere Tübingen.

Dort lernt er die Pfarrerstochter Margarete Dieterich, seine spätere Frau kennen. Nach dem Abschluss der theologischen Ausbildung und Ordination (1925) heirateten sie 1926.

Die Kirchengemeinde von Hochelheim mit Filiale hatten ihn nach dem Tod seines Vaters als Nachfolger gewählt.

Pastor Schneider engagiert sich sehr in der Gemeinde zusammen mit seiner Frau. Von den Jungen bis zu den Alten hat er alle im Blick. So ist er viel mit seinem Motorrad unterwegs steht er an Kranken- und Sterbebetten, unternimmt mit der Jugend Ausflüge und kümmert sich um besonders Gefährdete und betet für sie. Er weiß auch, dass er als Hirte (Pastor) der Gemeinde große Verantwortung vor Gott hat für sie alle. Deswegen möchte er Schaden von seiner Gemeinde abwenden. Deswegen ermahnt er seine Gemeinde, übt auch Kirchenzucht d. h. er lässt nicht alles Fehlverhalten einfach durchgehen, sondern es gibt Konsequenzen.

Als sich nun der Nationalsozialismus langsam in den Dörfern ausbreitete, der „deutsche Gruß“ gefordert wurde, der Arierparagraph auch in der Kirche eingeführt und die Kirchenglocken zum nationalen Festläuten genutzt werden sollten usw., kommt es zu Konflikten mit den Machthabern, die auch in den ureigensten Bereichen des kirchlichen Lebens mitbestimmen wollten.

So geschieht das im Großen mit Gründung der „Deutschen Christen“ (DC) einer neuen Glaubensbewegung, Gründung einer neuen „Reichskirche“, Einsetzung neuer Ämter und Absetzungen. So geschieht es auch in den Dörfern, in den Kirchengemeinden z. B. durch Wahlen, um regimetreue Leute in die Leitung der Kirchgemeinden zu bringen.

Da sich Paul Schneider gegenüber der NSDAP nicht loyal verhält, schreibt die NSDAP-Kreisleitung: „Dieser Mensch gehört in ein Konzentrationslager und nicht auf die Kanzel“ (Zitat Ethos 22/6)

Zum eigentlichen Konflikt kommt es in Hochelheim dann bei der Abendmahlsfrage. Der kirchlichen Jugendarbeit hatte man in der Zwischenzeit das Existenzrecht streitig gemacht. Die Jugendlichen nahmen also an den nationalsozialistischen Veranstaltungen teil, wussten daher weniger vom Glauben. Die Jugend wollte aber weiter nach alter Sitte im Zusammenhang mit der Konfirmation eine besonders Abendmahlsfeier haben. Da aber Pastor Schneider das heilige Abendmahl nicht von dem klaren Bekenntnis zu Christus getrennt haben wollte, wagte er es daher, die Sitte zu ändern und anstelle dessen zu einem Bekenntnismahl einzuladen. Leider wurde diese Entscheidung nicht von dem Kirchenvorstand mitgetragen. Infolgedessen kam es dann zu einer Versetzung P. Schneiders durch die Kirche in eine neue Kirchengemeinde nach Dickenschied und Womrath im Hunsrück. Sie wurden freudig empfangen.

Inzwischen war Familie Schneider eine Familie mit 4 Kindern. Später kamen noch zwei weitere dazu. Auch andere Pfarrer hatten Probleme mit der Ideologie der Nationalsozialisten. So entstand die „Bekennende Kirche“ (BK), zu der sich auch seit 1934 Paul Schneider zählte.

Auf einer christlichen Beerdigung, die P. Schneider vertretungsweise hielt, war der NSDAP- Kreisleiter anwesend, da es sich um einen Hitlerjungen handelte. Kurz vor dem Schlusssegen ergriff er das Wort und sagte, dass der Junge jetzt in den „Sturm Horst Wessels „aufgenommen worden ist. P. Schneider widersprach, was den Kreisleiter zur Wiederholung seiner Behauptung führte und P. Schneider dazu zu protestieren und darauf zu verweisen, dass es sich hier um eine kirchliche Feier handele und er die Verantwortung für die Feier habe. Drei Tage später wurde P. Schneider deswegen für eine Woche in Schutzhaft genommen. Während dieser Zeit zeigten sich viele Pfarrer mit P. Schneider solidarisch - auch der Kirchenvorstand. Später wurden sie auch von den Gemeinden finanziell sehr unterstützt, als das nötig war.

Die BK hatte eine Erklärung verfasst, in der sie vor der neuen Religion der Nationalsozialisten warnte. Diese sollte von den Kanzeln durch die Mitglieder der BK verlesen werden. Nun schickte man Polizisten zu allen Pfarrern und forderte sie auf, zu unterschreiben, dass sie diese Erklärung nicht verlesen würden. In ganz Deutschland wurden daraufhin 500 Pfarrer verhaftet ,die nicht unterschrieben, unter ihnen P. Schneider. Er kam aber bald wieder frei.

An den Reichstagswahlen 1936 nahmen die Schneiders nicht teil. Daraufhin wurde ihr Pfarrhaus beschmiert.

Es gab in seinen Gemeinden ein paar wenige Leute, die P. Schneider nicht wohlgesonnen waren. Diese begannen, ihn bei staatlichen und kirchlichen Stellen (DC) zu diffamieren. Sie lehnten auch seine seelsorgerlichen Bemühungen ab. Schließlich wurde P. Schneider im Mai 1937 erneut verhaftet, „weil er den ganzen Hunsrück gegen die Gestapo aufwiegele“. Er wird zuerst nach Koblenz gebracht. Als er im Juli wieder frei ist, wird ihm verboten, in seine Gemeinden zurückzukehren. Dies will er nicht zulassen, denn er will seinen Gemeinden treu bleiben. Zu Erntedankfest wird er aber auf dem Weg nach Womrath wieder verhaftet und kommt nach Koblenz und wird dann am 27.11.38 in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht.

Sein Mithäftling, Rechtspraktikant Leikam aus Waiblingen berichtete: „Paul Schneider versuchte durch christlichen Zuspruch, Mahnung, Bitte, tätige Mithilfe, seine Mitgefangenen für Christus zu gewinnen. Er verweigerte ferner den Gruß, der außerhalb des Lagers gehissten SS- Fahne durch Abnehmen der Mütze, als er in einem Arbeitskommando an ihr vorbei geführt wurde, weil er darin Götzendienst…sah. Er bekam dafür 25 Stockhiebe und wurde in Dunkelarrest gesperrt. Er unterließ es auch ferner nicht, der SS gegenüber seinen Glauben zu bezeugen und die Dinge beim Namen zu nennen. Dabei wurde er körperlichen Martern, Schlägen Aufhängen am Fensterkreuz an den nach rückwärts gedrehten Armen, Essensentzug, Dunkelarrest und anderen Demütigungen und Ängstigungen ausgesetzt. Trotzdem war er unermüdlich, anderen Häftlingen Worte der Schrift zuzurufen, so vor allen Dingen morgens und abends beim Zählappell...So rief er an einem Januarmorgen als zwei flüchtige Häftlinge nach ihrer Wiedergefangenennahme ermordet wurden:

„Im Namen Jesu Christi bezeuge ich den Mord an den Häftlingen…““ Evangelische Kirchenleitung Berlin- Brandenburg 1946; Bericht Sup. Lic.Dr Harder

Immer wieder war seine Stimme aus der Bunkerzelle, in der er nun gefangen war, zu hören.

„Jesus Christus spricht: Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt wird nicht wandeln in der Finsternis.“ Ein ehemaliger Häftling berichtete später, dass er durch diesen Ruf gerettet und davon abgehalten wurde Selbstmord zu begehen. Am Ostermorgen 1939 hörten die Häftlinge beim Appell ihn rufen: „Kameraden hört ihr mich. Hier wird gefoltert und gemordet. So spricht der Herr: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Bis zuletzt hat Pastor Schneider seinen Glauben so bezeugt.

Es hörten ihn die Häftlinge, aber auch deren Aufseher und Henker. Zu Recht hat man ihn später deswegen den“ Prediger von Buchenwald“ genannt.

Es wurde jeden Morgen über seinen Gesundheitszustand nach Berlin berichtet: Herzschwäche, aber Lagerfähigkeit. Die Akten, die Herr Leikam selbst gesehen hatte, wurden später vom Lagerarzt beiseite geschafft.

Hätte sich Pastor Schneider dem staatlichen Ausweisungsbefehl gebeugt und seine Gemeinden in der Rheinprovinz verlassen, hätte er frei sein können. Doch das kam für ihn nicht in Frage.

Für ihn galt: „Du sollst Gott mehr gehorchen als den Menschen“.

Schließlich erlitt er durch eine vorsätzlich überdosierte Strophantinspritze und nachfolgender intensiver Lichtbestrahlung am 18.07.1939 einen Herzkollaps und starb.

Sein Leichnam wurde dann unter Bewachung der Gestapo – damit die Folterspuren nicht ans Licht kommen - und manchen Schikanen für die Leidtragen schließlich doch in seine Gemeinde Dickenschied gebracht. Dort fand am 21.07.39 unter großer Beteiligung seiner Gemeinde und vielen Vertretern der Kirche, insbesondere der Bekennenden Kirche die Beerdigung statt. Pastor Schlingensiepen aus Barmen hielt die Predigt, etwa 200 Pastoren folgten dem Sarg nach.

Ein Gestapomann soll geäußert haben: „So werden Könige begraben..“

Während seiner Haftzeit hatte die Bekennende Kirche immer wieder auch zur Fürbitte für Paul Schneider und seine Familie aufgerufen.

Als Margarete Schneider 1954 zum ersten Mal die Todeszelle ihres Mannes betreten durfte, brachte sie dort ein Schild an mit den Worten aus 2. Kor 5. 20 „ So sind wir nun Botschafter an Christi Statt, denn Gott vermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi Statt: Lasset euch versöhnen mit Gott!“ – ein Botschafter Christi in dieser Welt, das wollte Paul Schneider sein.

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